Die Psychologie des Friedens

Frieden ist da wo kein Krieg ist. Das funktioniert so nicht.“ Am Mittwoch, dem 23. Januar 2013 führte die Berliner Arbeitsgruppe für Sicherheitspolitik (BAS) ein Hintergrundgespräch zum Thema „Psychologie des Friedens“ durch. Der Diplom-Psychologe Stefan Bedenk zeigte Gründe auf, welche auf die Entstehung von Gewalt hinwirken können und lieferte Erklärungsansätze für die Entscheidung, Gewalt gegen Andere anzuwenden.

Bei einer Betrachtung der Sicherheitspolitik aus psychologischer Sicht sind schnell vier wesentliche Grundannahmen auszumachen:

  1. Es gibt gute und böse Menschen.
  2. Das „Wir“ wird immer mit der guten Seite assoziiert. Unterdessen stehen „die Anderen“ für das Böse.
  3. Böse Dinge werden nur von kranken Hirnen verübt.
  4. „Böse Menschen“ werden leicht zu Kriegstreibern.

Anhand von drei Experimenten aus der Psychologie widerlegte Bedenk diese gängigen Behauptungen.

So belegte das Milgram-Experiment aus dem Jahr 1961 das, was Hannah Arendt als „die Banalität des Bösen“ bezeichnete. Die Versuchspersonen sollten die Rolle eines Lehrers einnehmen und den Schüler bei einer falschen Antwort mit einem stetig stärker werdenden Stromstoß zu bestrafen. Die maximale Spannung lag bei 450 Volt, welche unter Umständen zum Tod führen kann. Die Zahl der „Gehorsamen“, welche im Experiment bis zum Ende gingen war erschreckend hoch. Sie lag je nach Versuchsanordnung zwischen 30 und 65%. Das Experiment zeigte, dass jeder Mensch unter Umständen dazu in der Lage sein kann, Anderen Schaden zu zufügen. Die Ergebnisse blieben auch stabil, wenn man das Experiment in einer Gesellschaft mit einer anderen Ordnung durchführte.

 

Ein anderes Experiment der Stanford-Universität widerlegte die Annahme, wonach nur psychisch kranke Menschen zu bösen Handlungen fähig sind. Bei dem Stanford Prison Experiment wurde eine Versuchsgruppe in Wärter und Gefangene aufgeteilt. Alle Versuchspersonen mussten sich zuvor einem ausführlichen Gesundheitscheck unterziehen. Schnell entwickelte sich eine Eigendynamik, die zu harten Bestrafungen und Misshandlungen der Gefangenen durch die Wärter führten. Statt nach den geplanten 20 Tagen musste der Versuch bereits nach dem sechsten Tag abgebrochen werden. Während der ganzen Zeit beobachteten 50 Wissenschaftler die Szenerie bis am fünften Tag lediglich eine der beobachtenden Personen Kritik äußerte. Der leitende Professor Philip Zimbardo setzte sich später für Wachen des Gefangenenlagers in Guantanamo ein, in dem darauf verwies, dass fast jeder Mensch in bestimmten Situationen dazu in der Lage ist Anderen zu schaden.

 

Ein letzter Versuch beruhte auf der psychologischen Annahme der terror managment theory. Nach dieser Theorie versucht jeder Mensch Gedanken an den Tod mit einem Schutzmechanismus entgegen zu wirken. Durch den Glauben durch seine Gene, in der eigenen Kultur o.ä. weiterzuleben überspielen wir Menschen die Angst vor der eigenen Vergänglichkeit. Wurden die Probanden nun im beim Ausfüllen eines Tests im unbewussten mit Signalen, die auf die eigene Vergänglichkeit hinweisen, konfrontiert, zeigten diese später eine im Vergleich größere Zustimmung zu einem militärischen Angriff mit hohen Kollateralschäden, wenn dadurch die eigene Kultur geschützt wird, als die Personen, welche dem Reiz nicht ausgesetzt waren.

 

Der bereits erwähnte Professor Philip Zimbardo entwickelte das Modell von Sieben Schritten für das Entstehen von Gewalt. Die einzelnen Stufen sind:

  1. Kleine Maßnahmen (Begriffe wie „Schurkenstaat“, gezielte Propaganda usw.)
  2. Dehumanisierung
  3. Deindividualisierung
  4. Bloße Hörigkeit vor Obrigkeiten
  5. Verantwortungsdiffusion
  6. Unkritische Übernahme von Gruppennormen
  7. Stille Akzeptanz durch Wegsehen, Nichtstun oder Gleichgültigkeit (dieser Schritt stammt von Stefan Bedenk und ist auch als Kritik am Verhalten Zimbardos beim Stanford Prison Experiment zu verstehen)

Wir danken Stefan Bedenk für einen spannenden und lehrreichen Vortrag und den Johannitern für den zu Verfügung gestellten Raum.