Abhängigkeiten werden bleiben – »Energieversorgungssicherheit« mit Dr. Antje Nötzold (Bericht)

Im Rahmen des BSH-Jahresthemas 2012 "Sicherheit und Energie" begrüßte die BAS am 26. April Frau Dr. Antje Nötzold von der TU Chemnitz an der FU Berlin zu einem Vortrag über die Energieversorgungssicherheit in Deutschland und sprach mit ihr über die daraus resultierenden sicherheitspolitischen Implikationen.

Fotos: Vattenfall

Energie ist eine wichtige Ressource moderner Staaten und unabdingbar für den Wohlstand und den sozialen Frieden der Gesellschaft. Deutschland ist heute sehr stark von fossilen Brennstoffen abhängig. Fast alle Ressourcen für die Energiegewinnung müssen importiert werden, abgesehen von der Braunkohle, die exportiert wird, da Deutschland weltweit der größte Braunkohleproduzent ist.



34 Prozent des Primärenergieverbrauchs gehen auf Erdöl zurück, wobei Deutschland Großteile seines Öls aus Russland und dem Nahen Osten bezieht. Nach der Ölkrise in den siebziger Jahren kam es zwar zu einer Diversifizierung bei den Lieferländern, an der Tatsache änderte sich dennoch wenig. Bei den Gasimporten ist die Bundesrepublik stark von Russland abhängig. 30 bis 40 Prozent des deutschen Erdgases stammen aus russischen Quellen. Auf lange Sicht wird sich an diesen Abhängigkeiten nichts ändern, vielmehr noch wird es zu einer größeren Abhängigkeit kommen.



In einem Gebiet, das von Russland bis zum Persischen Golf reicht und als „strategische Ellipse“ bezeichnet wird, lagern 70 Prozent der globalen Ölreserven und 68 Prozent der Gasreserven. Das Aufkommen neuer Mächte wie beispielsweise China und Indien führt schon jetzt zu einem weltweit gesteigerten Energiebedarf. Allein 40 Prozent des Mehrbedarfs lassen sich dabei auf China zurückführen. Die starke Nachfrage nach fossilen Energieträgern wird in den nächsten Jahrzehnten enorme Investitionen notwendig machen. Für den Zeitraum 2011 bis 2035 müssen im Öl- und Gassektor knapp 20 Billionen US-Dollar  investiert werden, will man die Energieversorgung gewährleisten. Zu großen Teilen würden die Investitionen in den Nahen Osten gehen, eine Region, die nicht unbedingt zu den Stabilsten zählt.



Der Umstieg auf regenerative Energiequellen wie Wasserkraft, Wind- und Solarenergie führt zwar zunächst zu einer Veränderung dieser Sachlage, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass erneuerbare Energien kein Allheilmittel sein können, da andere Abhängigkeiten und Herausforderungen auf die Staaten zukommen: erstens die hohen Kosten, die bei Investitionen in Anlagen und leistungsfähige Netze entstehen, und zweitens der global rasant ansteigende Energiebedarf, der ständige Neuinstallationen über die bereits benötigen Kapazitäten hinaus notwendig macht.



Nach realistischen Prognosen könnte der Anteil regenerativer Energiequellen an der globalen Energieproduktion 2050 bei 30 bis 50 Prozent liegen. Derzeit sind es 16 Prozent. Für Deutschland bedeutet dies vor allem einen Anstieg bei der Energieversorgung durch Biomasse. Allerdings geht damit auch die Entstehung neuer Abhängigkeitsverhältnisse einher.

 

 

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