Online-Seminar: Macht durch Manipulation - Desinformation im digitalen Zeitalter

Desinformation, Misinformation, Fake-News oder Propaganda. Diese Begriffe fallen immer wieder auch in Bezug auf die hybride Kriegführung. Generell sind sie aber auf allen operativen Kommunikationsfeldern wiederzufinden. Die beiden Mitglieder der Forschungsgruppe „Resilienz gegen Desinformation“ des Instituts für Politische Wissenschaft (IPW) der RWTH Aachen Sven Jovy und Theodor Kranefeld hielten dazu am 12.02.2021 einen Vortrag.

Der Vortrag war durchgehend interaktiv gestaltet, sodass sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer gleich am Anfang mittels Umfragen und Fragen einbringen konnten. „Was zurzeit allen frisch im Gedächtnis ist, sobald ich die Begriffe Desinformation oder Fake News nenne, sind wohl die US-Präsidentschaftswahlen und die Vorwürfe seitens des Trump-Teams, dass die Wahlen gefälscht seien“ eröffnete Theodor Kranefeld, direkt zu Beginn die Diskussionsrunde. Dabei stand vor allem zur Debatte, ob der ehemalige US-Präsident Trump mit seiner Behauptung, dass das Biden-Team die Wahl gefälscht habe, Desinformation verbreitet habe. Um jedoch ein besseres Verständnis und eine bessere Identifizierung zu ermöglichen, teilten die beiden Referenten auch ihre Erkenntnisse zu den Begrifflichkeiten und praktischen Expertise.
 

Die Definitionen stammen aus der Forschung der Forschungsgruppe „Resillienz gegen Desinformation“.
Desinformation wurde dabei als „Das Entwerfen, Präsentieren oder Bewerben falscher, ungenauer oder irreführender Informationen, mit der Absicht öffentlichen Schaden zu verursachen oder einen (politischen) Profit zu erzielen“ definiert, wohingegen Misinformation als „Das Teilen irreführender oder ungenauer Informationen, wobei sich der Urheber sich nicht bewusst ist, dass die Informationen falsch sind“ abgegrenzt wurde. Der umgangssprachlich wesentlich weiter verbreitete Begriff der Fake-News sei jedoch häufig fälschlich verwendet und stelle eher „Erstellte und fehlleitende Informationen, die sich selbst als seriöse „Nachrichten“ dar. Der wesentlich weitere Begriff der Propaganda dagegen sei besser als: „Persuasive Kommunikation, die das Ziel verfolgt eine öffentliche Meinung zu beeinflussen, um Unterstützung für die Umsetzung bestimmter politischer, wirtschaftlicher oder gesellschaftlicher Ziele zu erzeugen“ zu fassen und sei aufgrund der negativen Konnotation ein häufig gemiedener Begriff, obwohl das Phänomen alltäglich auftrete.

 

Einen Forschungskonsens gebe es gegenwärtig zum Phänomenbereich der Desinformation nicht. Jedoch sei die Zielsetzung und Strategie der Desinformation eindeutig. Desinformation soll durch manipulierte Informationen eine gewünschte (schädliche) Wirkung in der Ziel-Gesellschaft erzeugen und durch die Bindung der politischen Kräfte auf innere Probleme einen entsprechenden politischen Nutzen für eigene Zwecke erreichen.

 

Durch die Vielfältigkeit des Phänomens der Desinformation sei eine genaue Identifizierung selten möglich, da allein schon die Intention des Akteurs nachgewiesen werden müsse und man daher mit einem reinen Faktencheck nicht weiterkomme. Doch bestehe die Gefahr, eine Desinformation als Misinformation zu deklarieren und damit eine mögliche Desinformationskampagne eines anderes Staates/Organisation zu unterschätzen. Mittlerweile sei laut Sven Jovy eher der Gegenteil der Fall: „Der Begriff der Desinformation wird im zunehmenden Maße ohne Trennschärfe verwendet und Akteuren wie bspw. Russland immer eine Intention der Zersetzung des Westens unterstellt, so dass jegliche persuasive Kommunikation Russlands lieber einmal mehr als zu wenig als Desinformation eingestuft wird.“ Doch gerade dadurch drohe der Begriff die Aussagekraft zu verlieren.

 

Ein Blick in die absehbaren technischen Möglichkeiten in naher Zukunft wurden am Beispiel der KI gestützten Manipulation von Information, wie etwa der Deepfakes oder Sprachsynthese, gezeigt. Was ein eher ein mulmiges Gefühl hinterließ in Bezug auf künftige Manipulation des Informationsraums.

 

Wir bedanken uns hiermit nochmal recht herzlich bei den Referenten für Ihr Engagement und Ihre Zeit, sowie bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die Aufmerksamkeit und rege Diskussion.