Online-Seminar: Ein europaweiter Strom-, Infrastruktur- sowie Versorgungsausfall ("Blackout"): Wahrscheinlichkeit, Folgen und Vorsorgemaßnahmen“

Das der Strom für unsere Lampen, unsere Smartphones oder für die Heizung aus der Steckdose kommt, ist für die meisten von uns genauso selbstverständlich wie der tägliche Sonnenuntergang. Doch was passiert, wenn das einmal nicht mehr der Fall sein sollte und das nicht nur für einige wenige Stunden sondern Tage- oder gar Wochenlang? Was bedeutet das für unsere heutige Gesellschaft? Wie wahrscheinlich ist dieses Szenario? Diese und mehr Fragen erörterten wir gemeinsam mit dem Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Krisenvorsorge Herbert Saurugg.

Zu Beginn seines Vortrages wies Herr Saurugg daraufhin, dass gerade im Bereich der kritischen Infrastrukturen (KRITIS) ein Blick auf die Details (nicht zuletzt auch physikalische) notwendig ist, um daraus Zusammenhänge ableiten zu können. Daher folgte zuerst eine generelle Einführung in das europäische Stromverbundsystem, welches als das stabilste der Welt gilt. Trotzdem ist es ein höchst fragiles System, das eine ständige Balance zwischen Stromerzeugung und Verbrauch benötigt. In diesem Kontext erläuterte Herr Saurugg die Risiken der deutschen Energiewende, welche zur Folge haben, dass die großen fossilen Kraftwerke abgeschaltet werden und so notwendige „Stoßdämpfer“ und Reserven im europäischen Netz fehlen.

 

Gleichzeitig steht allerdings unser Stromnetz in den letzten Jahren massiv unter Stress. So gab es am 8. Januar diesen Jahres, weitgehend unbemerkt von der öffentlichen Wahrnehmung, die zweitgrößte Störung im europäischen Netz. Eine Überlastung in Kroatien führte zu einem Kaskadeneffekt und löste einen „beinahe“ Blackout aus. Herr Saurugg erklärte anhand dieses Ereignisses, dass ein Stromausfall keineswegs unwahrscheinlich ist – ganz im Gegenteil, er stimmte dem Risikobild des österreichischen Bundesheeres zu, dass ein überregionaler, großflächiger Stromausfall in den nächsten fünf Jahren sehr realistisch ist. Leider unterliegen die europäischen Wohlstandsgesellschaften einer „Truthahn-Illusion“. Bis zum „bösen Ende“ ahnen wir nichts, um dann von der Katastrophe überrascht zu werden. So hätte ein massiver Blackout bereits nach wenigen Tagen katastrophale Auswirkungen auf alle Bereiche unserer Gesellschaft. Unser gesamtes Leben würde schlagartig zum Erliegen kommen, wobei  eine wirtschaftliche, humanitäre und politische Krise  mit immensen Auswirkungen folgen würde.

 

Doch warum steht unser europäisches Verbundnetz so unter Stress? Herr Saurugg konnte dafür mehrere Hauptstressoren identifizieren. Wie bereits angesprochen wirkt sich die deutsche Energiewende negativ auf die Stromproduktion und Resilienz des Systems aus. Hinzukommen technische Aspekte, wie die fehlende Möglichkeit Strom zu speichern sowie veraltete Infrastruktur. Weitere Punkte zielen vor allem auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. So wächst der Stromhunger durch die Digitalisierung im privaten und wirtschaftlichen Sektor, gleichzeitig nimmt das Spekulieren auf Strompreise an der Börse weiter zu.

 

Trotzdem zeigte Herr Saurugg einige Möglichkeiten auf, wie wir uns besser schützen können. So ermöglichen beispielsweise Energiezellensysteme eine dezentrale und resiliente Möglichkeit der Stromerzeugung, um die Risiken eines Blackouts teilweise einzudämmen. Zusätzlich appellierte er, dass die Eigenversorgungsfähigkeit der Bevölkerung gestärkt werden muss. Bis staatliche Hilfen in einer solchen Krise anlaufen, wird es einige Zeit (1-2 Wochen) dauern. Daher ist umso wichtiger, dass sich jeder Haushalt 7-14 Tage mit Nahrung und Wasser versorgen kann. In seinem Fazit verdeutlichte Herr Saurugg, dass das Katastrophenszenario „Blackout“ vollkommen unterschätzt werde und die Fragilität der Luxusversorgung „Strom“ den meisten Menschen nicht bekannt ist.

 

In der nachfolgenden Diskussion wurden die angesprochenen Punkte mit allen Teilnehmern und Teilnehmerinnen noch einmal vertieft.
Wir bedanken uns hiermit nochmal recht herzlich bei unserem Referenten Herbert Saurugg für sein Engagement und Zeit, sowie bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für die Aufmerksamkeit und die rege Diskussion.