Krisenjournalismus – zwischen Risiko und guter Story

Vor dem Hintergrund des arabischen Frühlings in Nordafrika haben wir mit Jonathan Stock, der kurz zuvor in Bengasi und im belagerten Misrata war, gesprochen.

Jonathan Stock

Am 10. Mai haben wir uns in der Humboldt-Universität mit dem Thema Krisenjournalismus auseinandergesetzt. Der Referent, Jonathan Stock, hat Geschichte und Literatur in Berlin, Edinburgh sowie London studiert und u.a. Beiträge für SPIEGEL, „Die Zeit“, „Süddeutsche Zeitung“, und „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ geschrieben. Er war Redakteur bei „Geo Epoche“ und ist seit April 2011 Reporter bei Spiegel Online.

Ausgehend davon, dass Deutschland sich auf dem internationalen Parkett während der Libyen-Krise eine unglückliche Figur machte und dies vermutlich auch aufgrund der miserablen Informationslage, spielten die aus Libyen berichtenden Journalisten eine gewichtige Rolle. So haben konnte uns Jonathan Stock von den Risiken und Möglichkeiten des Frontjournalismus berichten, von Risiken und Arbeitsbedingungen.

Jonathan Stock war der erste deutsche Journalist, der aus Bengasi berichtete, wo er sich für zunächst für vier Wochen aufgehalten hatte. Danach ist er mit einem Hilfsschiff von Malta aus Anfang April für eine Woche ins belagerte Misrata übergesetzt. Drei Tage nachdem er die umkämpfte Stadt verlassen hatte, starben dort die beiden Fotojournalisten Tim Hetherington und Chris Hondros.
Der Tod der beiden Kollegen verdeutlichte die prekäre Sicherheitslage, die von den Reportern vor Ort auch gefühlt wurde – Tote und Verwundete waren nur eine Frage der Zeit.

Nachdem sich morgens im Krankenhaus erst einmal ein Überblick über das Ergebnis der Kampfhandlungen der letzten Nacht verschafft wurde, war er tagsüber mit den aus seiner Sicht gut organisierten Rebellen, die lieber „Freedom Fighters“ genannt werden wollen unterwegs. Der Gefahr, sich dabei in allzu große Gefahr zu begeben, war stets vorhanden und jeder Reporter muss die Balance zwischen der Suche nach der großen Geschichte mit guten Bildern und der Wahrung seiner eigenen Sicherheit halten.
Das Bedürfnis nach guten Geschichten ist zwar vorhanden, doch selbst eine starke Story kann als zu stark empfunden werden und wird damit nicht ihren Weg in die Zeitschrift oder auf die Seiten der Online-Medien finden.

Wir danken Jonathan Stock für die besonders interessante Diskussion und der Humboldt-Universität zu Berlin für die Bereitstellung der Räumlichkeiten.